Zur Herstellung fließgepresster Bauteile werden stangenförmige Halbzeuge eingesetzt, die durch Strang- oder Blockguss und einen sich daran anschließenden Walzprozess gefertigt werden. Infolgedessen weisen die Halbzeuge bereits eine Werkstoffschädigung (z. B. Poren) auf, die sich durch den Kaltfließpressprozess weiterentwickelt. Die mechanischen Eigenschaften fließgepresster Bauteile ergeben sich somit als Folge von Eigenspannungen, Kaltverfestigung und der sich ausbildenden Schädigung entlang der Prozesskette. Diese Eigenschaften werden durch den im Prozess auftretenden Lastpfad (zeitliche Abfolge von Spannung, Dehnung, Temperatur und Dehnrate) beeinflusst. Genaue und allgemeingültige Kenntnisse über den Einfluss einer Lastpfadänderung, z. B. durch eine Variation der Prozessparameter oder eine alternative Prozessroute, auf die Schädigungsentwicklung sind im Stand der Technik bisher nicht hinreichend und systematisch erarbeitet worden. Aus diesem Grund findet die prozesskettenbedingte Schädigungsentwicklung bei der Auslegung von Produkten und Prozessrouten bislang keine Berücksichtigung.
Das Ziel dieses Teilprojekts ist es, die Schädigungsentwicklung beim Kaltfließpressen zu analysieren, vorherzusagen und kontrollierbar zu machen. Die Kontrolle der Schädigung erfordert, aufbauend auf der Analyse der Wirkzusammenhänge zwischen Prozess und Schädigung, die Auslegung modifizierter und ggf. neuartiger Prozessrouten sowie die Entwicklung neuer Fließpresstechnologien, die eine Herstellung von Fließpressbauteilen mit definierter, einsatzangepasster Schädigung ermöglichen.
In der ersten Förderperiode wurde die Schädigungsentwicklung im Einsatzstahl 16MnCrS5 anhand des Voll-Vorwärts-Kaltfließpressens (VVFP) untersucht. Dazu wurden gezielt unterschiedliche Lastpfade durch prozesstechnische Parameter (Umformgrad, Schulteröffnungswinkel, Übergangsradien, Reibung, Gegendruck und Prozessroute, wie z.B. Stufenabfolge) eingestellt und deren Auswirkung auf die Schädigungsevolution analysiert. Es konnte gezeigt werden, dass positive Maximalwerte der Triaxialität während der plastischen Formänderung zu Schädigung, hauptsächlich durch Porennukleation, führen. Nimmt die Triaxialität über den kompletten Verlauf in der Umformzone negative Werte an, wird die Schädigung im Vergleich zum Ausgangsmaterial verringert. Es wurde gezeigt, dass Schädigung einen negativen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit hat. So verringern sich Ermüdungsfestigkeit, Kerbschlagarbeit sowie der scheinbare Elastizitätsmodul (makroskopisch gemessene Steifigkeit in einem einachsigen Zugversuch) geschädigter Bauteile mit zunehmender Schädigung. Damit konnte die grundlegende Hypothese schädigungskontrollierter Umformprozesse bestätigt werden.
Die Ziele der laufenden zweiten Förderperiode sind es, die Untersuchungen auf den Einfluss einer Änderung des deviatorischen Spannungszustandes zu erweitern und den Einfluss verschiedener Wärmebehandlungen zwischen Umformschritten oder nach einer Umformung zu erforschen. Dafür sollen anwendungsnahe Kaltumformteile, die i. d. R. in mehreren Stufen, mit unterschiedlichen Umformverfahren und ggf. mit zusätzlicher Wärmebehandlung hergestellt werden, dienen. Zunächst werden Grundversuche (Zug-, Druck- und Torsionsversuche) mit monotonem hydrostatischem und deviatorischem Spannungszustand sowie zweistufige Versuche mit einem Wechsel dieser Größen durchgeführt. Die Versuche geben damit Aufschluss über die Schädigungsentwicklung unter verschiedenen Spannungszuständen. Zur Auswertung werden zum einen die Quantifizierungsmethoden auf Basis von REM-Untersuchungen eingesetzt, welche in der ersten Förderperiode im Projektbereich B entwickelt und validiert wurden, sowie zum anderen Dichtemessungen durchgeführt. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen in Schädigungsmodelle aus dem Projektbereich C einfließen und die Auslegung schädigungsarmer Prozessrouten ermöglichen.
In der dritten Förderperiode werden thermische Einflüsse auf den Fließpressprozess untersucht und das Werkstoffspektrum zum Beispiel um Leichtbauwerkstoffe wie Aluminium erweitert.
Wichtige Ergebnisse der 1. Förderperiode
Die wesentlichen Ergebnisse der ersten Förderperiode umfassen den Einfluss konventioneller Prozessparameter beim VVFP auf den Spannungszustand, dessen Auswirkung auf die Entwicklung duktiler Schädigung sowie den Einfluss der Schädigung auf die Leistungsfähigkeit. Durch gezielte Aufbringung hydrostatischen Drucks kann die Leistungsfähigkeit fließgepresster Bauteile erhöht werden. Durch die erkannte deviatorische Zug-Beanspruchung der VVFP-Proben im Kern bei jeglichen Parameterkombinationen konnte einzig der Einfluss des hydrostatischen Druckes bei hohen, realistischen Umformgraden systematisch untersucht werden.
Lastpfade beim Voll-Vorwärts-Fließpressen
Die beim VVFP auftretenden Spannungszustände wurden numerisch mit dem kommerziellen FEM-Programm Simufact Forming modelliert. Das Verfestigungsverhalten des Werkstoffes 16MnCrS5 wurde mittels Zylinder-stauchversuchen ermittelt. Die Triaxialität und der Lode-Winkel-Parameter sind exemplarisch für den Umformgrad φ = 0,7 und den Schulteröffnungswinkel 2α = 90° in Abb. 1 a dargestellt.

Der Kernbereich des Werkstückes zeichnet sich durch einen definierten Umformgrad und eine ausreichende Homogenität der Eigenschaften aus. Daher wird dieser Bereich für die weiteren Untersuchungen hauptsächlich betrachtet. Die beim Voll-Vorwärts-Fließpressen auftretenden Triaxialitätsverläufe entlang der Mittelachse unterscheiden sich hauptsächlich quantitativ, jedoch nur geringfügig qualitativ, siehe Abb. 1 b. Daher ist eine vergleichende Beschreibung des Lastpfades mit skalaren Größen möglich. Zur Auswertung des nichtlinearen Lastpfades wurden demnach die Mittel- und Maximalwerte der Triaxialität (ηmittel und ηmax) sowie die Mittel- und Maximalwerte des Lode-Winkel-Parameters (θmittel und θmax) in der Umformzone ausgewertet. Da der Lode-Winkel-Parameter auf der Mittelachse von den Prozessparametern kaum beeinflusst wird sind die maximalen oder gemittelten Triaxialitäten repräsentativ für den gesamten Lastpfad. Die Mittelung erfolgt dabei aufgrundlage der plastischen Dehnungsinkremente. Die untersuchten Grenzen der Parameter Umformgrad, Schulteröffnungswinkel, Radien und Reibung und deren Einfluss auf die Triaxialität sind in Tab. 1 dargestellt.

Es wurde gezeigt, dass größere Übergangsradien zu geringeren Triaxialitäten führen. Weiterhin wird die Triaxialität durch erhöhte Reibung gesenkt. Während eine Variation der Übergangsradien oder der Reibung eine Änderung der Triaxialität von maximal 0,2 bzw. 0,1 bewirken, verursacht eine Änderung des Umformgrades und Schulteröffnungswinkels Änderungen von bis zu 0,6 bzw. 1,2. Kleine Umformgrade sowie große Schulteröffnungswinkel erhöhen dabei jeweils die Triaxialität. Die Parameter Umformgrad und Reibung bewirken eine Veränderung des globalen Drucks, wodurch die Triaxialität über den gesamten Bauteilradius verändert wird. Die Parameter Schulteröffnungswinkel und Übergangsradius führen einerseits zu einem veränderten Werkstofffluss, der die Triaxialität über den Radius hinweg unterschiedlich beeinflusst, und andererseits dazu, dass der Druck nicht in die Umformzone wirkt. Der Einfluss des Umformgrads und des Schulteröffnungswinkels auf die mittlere und maximale Triaxialität entlang der Mittelachse ist in Abb. 2 dargestellt.

Der mittlere Lode-Winkel-Parameter nimmt auf der Mittelachse für alle untersuchten Parameterkombinationen den Wert θ = 1 an. Dies entspricht dem deviatorischen Spannungszustand des einachsigen Zugversuches. Es werden hydrostatische Spannungszustände von biaxialem Druck (ηmax = -0,66) bis zu einachsigem Zug (ηmax = 0,33) erreicht, wobei für negative Triaxialitäten kein Schädigungszuwachs zu erwarten ist.
Einfluss des Lastpfades auf die Schädigungsentwicklung
Es konnte gezeigt werden, dass beim Voll-Vorwärts-Fließpressen eine große Bandbreite unterschiedlicher Lastpfade, die sich allerdings nur im hydrostatischen Spannungsanteil unterscheiden, auf der Mittelachse auftreten. Um den Einfluss des Lastpfades auf die Schädigungsentwicklung zu untersuchen, wurden Fließpressteile mit den aus der Simulation bekannten Lastpfaden hinsichtlich ihres Schädigungszustandes charakterisiert. Dazu wurden Proben aus dem stationären Bereich im Schaft des Fließpressteils entnommen und mittels Rasterelektronenmikroskopie und Dichtemessungen charakterisiert. Zur Bestimmung der Porenfläche mittels REM-Aufnahmen wurde ein in Teilprojekt B04 entwickeltes Verfahren genutzt [*Her19b]. Dieses nutzt Backscattered Electron (BSE) -Aufnahmen zur Unterscheidung von Matrixmaterial und Poren, Einschlüssen oder Präparationsrückständen. Durch eine zusätzliche energiedispersive Röntgenspektroskopie (EDX) können Poren von Einschlüssen und Präparationsrückständen unterschieden werden. Neben dieser Methode kann die Schädigung durch die Bestimmung des Porenvolumens mithilfe von Dichtemessungen quantifiziert werden. Dazu wurde das Dichtemessgerät IMETER V6 der Firma IMETER /MSB Breitwieser Systeme aus pauschalen Mitteln angeschafft. Das Messprinzip des Gerätes basiert auf der hydrostatischen Wägung.
Da der Umformgrad und der Schulteröffnungswinkel den größten Einfluss auf die Triaxialität haben, siehe Tab. 1, wurden diese Parameter gesondert untersucht. Abb. 3 a zeigt einen Zuwachs des Porenflächenanteils auf 350 % des Ausgangs-Porenflächenanteils bei einem Umformgrad von φ = 0,5 und einen Rückgang auf 17 % bei einem Umformgrad von φ = 1,0. In beiden Versuchen wurde ein Schulteröffnungswinkel von 2α = 90° gewählt. Die entsprechenden maximalen Triaxialitäten ergeben sich zu ηmax = 0,2 bzw. ηmax = -0,33. Die Versuche zeigen, dass ein hoher Umformgrad nicht zwangsweise zu einer hohen duktilen Schädigung führt und dass der Lastpfad, hier der hydrostatische Druck, einen wesentlichen Einfluss auf die Schädigungsentwicklung hat. Neben dem Porenflächenanteil wurde auch die Massendichte auf der Mittelachse gemessen. Dabei ist zu beachten, dass sowohl die Schädigungsentwicklung als auch die Änderung der Versetzungsdichte einen Einfluss auf die gemessene Massendichte haben. Dementsprechend können Dichtemessungen zur Schädigungscharakterisierung nur für einen Vergleich von Bauteilen mit gleichem Umformgrad bzw. gleicher Versetzungsdichte eingesetzt werden.

Um den Einfluss der hydrostatischen Spannung auf die Schädigungsentwicklung vom Einfluss der plastischen Formänderung zu separieren, wurden Versuche mit konstantem Umformgrad von φ = 0,5 unter Variation des Schulteröffnungswinkels durchgeführt. Es wurden die Schulteröffnungswinkel 2α = 30°, 60°, 90° betrachtet. Diese erzeugen maximale Triaxialitäten von ηmax = -0,3, ηmax = 0,05, bzw. ηmax = 0,2. Die Versuche bestätigen, dass eine negative maximale Triaxialität zu einer Verminderung des Porenflächenanteils führt, siehe Abb. 4 a. Positive maximale Triaxialitäten führen hingegen zu einem deutlich erhöhten Porenflächenanteil. Aufgrund des gleichen Umformgrades in den Versuchen korrelieren wie erwartet auch die Dichtemessungen mit der Schädigung, siehe Abb. 4 b.

Zusätzlich zu den Untersuchungen auf der Mittelachse wurden Messungen an fünf Positionen über den Radius durchgeführt, siehe Abb. 5. Es wurden dazu Fließpressteile mit einem Umformgrad von φ = 0,5 und 1,0 betrachtet. Der Schulteröffnungswinkel betrug in beiden Fällen 2α = 90°. Der Verlauf der maximalen Triaxialität folgt annähernd dem Verlauf der Porenfläche. Der Verlauf der gemittelten Triaxialität fällt hingegen zur Oberfläche des Fließpressteils hin ab, während die Porenfläche ansteigt. Dementsprechend kann die maximale Triaxialität als das ausschlaggebende Maß für die Schädigungsentwicklung beim Fließpressen angesehen werden.

Die Ergebnisse zeigen, dass eine positive maximale Triaxialität zu einem deutlichen Zuwachs der Porenanzahl führt, siehe Abb. 5 b. Sobald die maximale Triaxialität bei plastischer Deformation positive Werte annimmt, können im REM deutlich mehr Poren festgestellt werden, wobei der Grenzwert der im REM detektierbaren Einzelporenfläche bei AE,P ≥ 0,04 μm2 liegt. Diese Porenneubildung hat im Vergleich zu der Volumenänderung der bereits existierenden Poren (beschrieben von der gemittelten Triaxialität) einen deutlich größeren Einfluss auf die im REM ermittelte Porenfläche bzw. die Dichteabnahme. Die Entstehung neuer Poren ist damit der dominierende Effekt der Schädigungsentwicklung beim Fließpressen.
Einfluss der Schädigung auf die Leistungsfähigkeit
Auf Grundlage der zuvor dargestellten Ergebnisse wurde das Voll-Vorwärts-Fließpressen als ein ideales Verfahren zu Ermittlung von Wirkzusammenhängen zwischen Lastpfad, Schädigungszustand und Leistungsfähigkeit identifiziert, da entlang der Mittelachse eine Einstellbarkeit des hydrostatischen Drucks durch die Prozessparameter möglich ist [*Her19a]. Des Weiteren liegen auf der Mittelachse bekannte homogene Umformgrade und eine homogene Verteilung der Schädigung vor. Durch eine Variation des Schulteröffnungswinkels ist es möglich, einen unterschiedliche Schädigungsgrad bei gleicher Verfestigung einzustellen. Numerische Untersuchungen haben gezeigt, dass auch die Eigenspannungen nach dem Bauteilauswurf und einer anschließenden Probenentnahme als vernachlässigbar angesehen werden können [*Tek17].
Zur Bewertung der Leistungsfähigkeit fließgepresster Bauteile wurden Dauerschwingversuche (gemeinsam mit TP B01 und C01), Zugversuche zur Ermittlung des scheinbaren Elastizitätsmoduls und der statischen Festigkeit, sowie Kerbschlagbiegeversuche durchgeführt [*Her20]. Die entsprechenden Proben wurden aus dem homogenen Bereich des gepressten Schaftes entnommen. Durch Versuche mit Schulteröffnungswinkeln von 2α = 90° und 30° bei gleichem Umformgrad von φ = 0,5 konnte der alleinige Einfluss der Schädigung zum ersten Mal separiert von den Effekten der Verfestigung und der Eigenspannungen bei hohen plastischen Formänderungen untersucht werden. Es wurde gezeigt, dass eine Verminderung der Schädigung sich positiv auf die Ermüdungsfestigkeit, den scheinbaren Elastizitätsmodul sowie die aufgenommene Kerbschlagarbeit auswirkt, siehe Abb. 6. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Schädigung keinen signifikanten Einfluss auf die Fließspannung hat.
Lastpfadkontrolle beim Fließpressen geometrisch identischer Bauteile
Eine Änderung der Parameter Umformgrad oder Schulteröffnungswinkel ist aufgrund von Anforderungen an die Geometrie der gefertigten Bauteile häufig nicht zulässig. Daher wurde untersucht, welche weiteren Möglichkeiten bestehen, unter Beibehaltung einer vorgegebenen Bauteilgeometrie, die Triaxialität aktiv zu beeinflussen. Dies ist durch die Aufbringung von Gegendruck sowie eine Änderung der Prozessroute möglich. Bei der einstufigen Herstellung von Fließpressteilen kann ein Gegendruck durch den Auswerfer aufgebracht werden, siehe Abb. 7 a. Dieser drückt während des Umformprozesses mit einer definierten Kraft entgegen der Stempelbewegung gegen das Fließpressteil. Die Triaxialität nimmt linear mit dem aufgebrachten Gegendruck ab. Die Höhe des aufgebrachten Gegendrucks wird durch die aktuelle Fließspannung im Schaft des Fließpressteils begrenzt, da eine Überschreitung der Fließspannung zu einem Aufstauchen führt.

Die maximale Abnahme der Triaxialität ergibt sich dadurch zu Δη≈ -1. Durch das Aufbringen von Gegendruck lassen sich geometrisch identische Bauteile mit unterschiedlichen Produkteigenschaften herstellen. Zur Untersuchung der Leistungsfähigkeit wurden Fließpressteile mit einem Umformgrad von φ = 0,5 und einem Schulteröffnungswinkel von 2α = 90° mit unterschiedlichen Gegendrücken hergestellt. Es wurde 70 % der initialen Fließspannung als Gegendruck aufgebracht, wodurch sich ein Anstieg des scheinbaren E-Moduls um 8 %, der Kerbschlagarbeit um 77 % sowie der Bruchlastspielzahl um 6 % ergibt. Die Zugfestigkeit sowie die Streckgrenze werden durch die unterschiedlich stark ausgeprägte Schädigung infolge des Gegendrucks nicht signifikant beeinflusst.

Fließgepresste Bauteile bestehen in der Regel aus mehreren Absätzen und können durch verschiedene Prozessfolgen hergestellt werden. Zur Untersuchung des Einflusses der Prozessroute wurde die Herstellung einer zweifach abgesetzten Welle untersucht, siehe Abb. 7 b. Diese wurde mittels zweier verschiedener Prozessrouten hergestellt: Prozessroute A sieht eine einstufige Fertigung vor, bei der beide Absätze in einem Stempelhub ausgeformt werden. In Prozessroute B wurden die Absätze in zwei Stufen umgeformt. Die auftretenden Lastpfade wurden analog zum bisherigen Vorgehen numerisch ermittelt. Die Simulationen zeigen, dass bei der einstufigen Fertigung durch den kleineren Absatz ein Gegendruck auf die Umformzone des mittleren Absatzes ausgeübt wird und so die Triaxialität hier im Vergleich zur zweistufigen Fertigung um mehr als Δηmax = 1 gesenkt werden kann. Zur Untersuchung des scheinbaren E-Moduls wurden Zugproben aus den Absätzen entnommen. Die Ergebnisse der Zugversuche zeigen, dass niedrige Triaxialitäten zu einem höheren scheinbaren Elastizitätsmodul führen und dementsprechend auf eine geringe Schädigungsentwicklung deuten lassen.
Fazit
Das Voll-Vorwärts-Fließpressen wurde als Verfahren identifiziert, bei dem der zentrale Werkstoffbereich einem deviatorischen Spannungszustand ausgesetzt wird, der einem einachsigen Zugversuch gleicht. Durch Variation der Prozessparameter Umformgrad, Schulteröffnungswinkel, Reibung und Werkzeugradius kann die hydrostatische Spannung variiert werden. Des Weiteren wurden alternative Prozesse zur Herstellung geometrisch identischer Bauteile mit unterschiedlichen Lastpfaden analysiert. Diese wurden durch aktive Aufbringung eines Gegendrucks sowie durch unterschiedliche Stadienfolgen zur Herstellung doppelt abgesetzter Wellen realisiert. Anhand von REM-Untersuchungen der Porenflächen an fließgepressten Proben konnte gezeigt werden, dass die Neubildung von Poren bei Vorliegen einer positiven maximalen Triaxialität den dominierenden Schädigungsmechanismus darstellt und auch zu einer Abnahme der Dichte führt. Es konnte gezeigt werden, dass die Leistungsfähigkeit im Bereich des scheinbaren Elastizitätsmoduls, der Kerbschlagarbeit und der Ermüdungsfestigkeit von positiven maximalen Triaxialitäten in der Umformzone und somit von der Schädigung negativ beeinflusst wird. Die statische Festigkeit ist von der Schädigung unbeeinflusst. Durch gezielte Wahl der Prozessparameter und eine gezielte Probenentnahme konnte der Einfluss weiterer Faktoren, wie Verfestigung und Eigenspannungen, vom Einfluss der Schädigung auf die Leistungsfähigkeit separiert werden. Hiermit wurden die grundlegenden Hypothesen des schädigungskontrollierten Umformprozesses und damit die Verbesserung der Leistungsfähigkeit bestätigt.
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Projektleitung
Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. A. Erman Tekkaya
Institut für Umformtechnik und Leichtbau (IUL), TU Dortmund
Projektbearbeitung
Robin Gitschel M. Sc.,
Oliver Hering M. Sc. (1. Förderperiode)
Institut für Umformtechnik und Leichtbau (IUL), TU Dortmund